Review-Autor: Gruumsh
Formidable, endlich treffen wir sie wieder: Aveline de Grandpré! Moment mal... wer ist das überhaupt? Aveline dürfte manch Meuchelliebhaber aus dem PS Vita-Ableger „Assassin's Creed 3: Liberation“ kennen, dessen aufpolierte HD-Auflage Mitte Januar 2014 für Xbox 360, PS3 und PC erscheinen wird. Sie ist eine amerikanische Assassinin mit französischen und afrikanischen Wurzeln, deren Schicksal der Spieler ab dem Jahr 1765 in New Orleans in die Hand nimmt. Wie es der Zufall will, trifft die junge Dame im Spielverlauf auf den indianischen Protagonisten Connor Kenway aus „Assassin's Creed 3“, mit dem sie zusammen kämpft und sich anfreundet.
Jahre sind nun seit ihrem letzten Aufeinandertreffen vergangen. In einem Brief wird Aveline von ihm eingangs des DLCs gebeten, die ehemalige Sklavin Patience Gibbs auf Goat Island für die Assassinenbruderschaft zu rekrutieren. Connor selbst scheiterte bereits bei diesem Vorhaben. Aveline hingegen genießt unter den Sklaven einen besonders guten Ruf, weshalb ihr Eingreifen erfolgsversprechender erscheint. Doch warnt Connor sie zugleich vor einem lokalen Militärfort - und vor Patience selbst...
Aveline trifft während ihres kleinen Abenteuers auf – O Wunder – allerhand Gegner, die die Assassinin bei Entdecken aufgrund dauerhafter Alarmbereitschaft ohne zu Zögern angreifen. Um sich zur Wehr setzen zu können, steht ihr mit versteckten Doppelklingen, ihrer altgedienten Machete, zwei Pistolen und zwei verschiedenen Blasrohrgeschossen ein umfangreiches aus „Liberation“ bekanntes Waffenarsenal von Anfang an zur Verfügung. Zudem lassen sich wie gewohnt sämtliche von besiegten Kontrahenten fallengelassene Waffen kurzfristig für die eigenen Zwecke entwenden.
Die Animationen Avelines während der Gefechte sind geschmeidig und sehr schön anzuschauen. Dies steigert sogleich die Lust, öfters mal den offenen Kampf zu suchen, statt ausschließlich langwierig aus dem Verborgenen heraus einzelne Opfer zu piesacken. Wir haben sowieso stets die Wahl und sind an keine enge Korsette à la „töte vier Gegner mit der Pistole“ oder „töte drei Gegner aus dem Versteck heraus“ gebunden, um die befriedigenden 100% der Synchronisation zu erreichen. Ob wir mit Aveline als bedachte Leisetreterin oder wild umherspringende Rambo-Amazone die Insel unsicher machen, liegt ganz bei uns.
Dieser Entscheidungsfreiheit zugute kommen die halboffenen Außengebiete, die mit verschiedenen Wegen zum Ziel aufwarten: Den Hauptpfad entlangtrampeln, von Gebüsch zu Gebüsch huschen oder doch lieber über die Bäume klettern? Wenn das Spiel einen in Innenbereiche zwängt, ist jedoch Schluss mit der Vielfalt und Schlauchabschnitt um Schlauchabschnitt reiht sich bis zum Ende hin aneinander. Leider sind die ansich schön gestalteten Levels arg inhaltsleer, sodass wir außer ein paar Tieren und besagten Wachen kein weiteres Lebewesen geschweige denn nennenswerte atmosphärische Highlights zu Gesicht bekommen.
Auch die Erzählweise der Geschichte mit den Zwischensequenzen ist spartanisch gehalten. Hinzu kommt, dass bei mir Skriptereignisse abrupt und oftmals nicht nachvollziehbar vonstatten gingen, was der Illusion einer „echten“ Welt ebenfalls nicht gerade zuträglich war.
Bei der narrativen Aufmachung beckleckert sich der DLC also keineswegs mit Ruhm. Vielmehr steht ganz im Zeichen früherer Zusatzinhalte wie beispielsweise bei den Templerverstecken in „Assassin's Creed 2“ oder „Brotherhood“ die Levelkonstruktion ansich und der dazugehörige Bewegungs-, Kampf- und dezente Rätselfluss im Mittelpunkt, der auch mit Aveline überaus zuverlässig und zufriedenstellend läuft.
Fazit von Gruumsh
Wer auf ein ähnlich mitreißendes Storytelling wie auch lebendige Inszenierung der Levels im Niveau des Hauptspiels „Assassin's Creed 4: Black Flag“ hofft, wird von diesem DLC wohl enttäuscht werden. Hier wurde die Chance vertan, die grundsympathische Assassinin Aveline von ihrer besten Seite als Werbung für die kommende HD-Version ihres PS Vita-Auftritts zu zeigen, um vom Kauf noch unentschlossene Spieler bereits jetzt zu überzeugen.
Nichtsdestotrotz kann man dem je nach Spieltempo 40 Minuten bis eine Stunde langen Inseltrip nicht absprechen, dass er durchaus Spaß macht: Dafür funktioniert die altbekannte Mischung aus Schleichen, Kämpfen, Klettern, Sprinten & Co. einfach zu gut. Wer seine Freude an bisherigen DLCs des Assassin's Creed-Universums hatte, wird auch hier glücklich werden. Alle anderen müssen Edward Kenways Karibik-Epos für Avelines Rekrutierungsmission nicht unbedingt unterbrechen.
Fazit von Vargo
In etwas weniger als einer Stunde war der DLC um die Assassine Aveline bereits beendet. In dieser Zeit konnte man nicht von herausragender Unterhaltung sprechen, weil einfach zu wenig geboten wurde. Die Geschichte um die zukünftige Rekrutin Patience Gibbs bleibt beliebig. Ein rascher Einstieg, mit einigen Dialogzeilen von Connor, wirkt überhastet und auch später bekommt man das Gefühl einfach durch die Geschichte zu hetzen. Es gibt keine Sammelanreize, keine Zusatzziele in den Missionen und die Level sind strikt linear aufgebaut. Wenn ihr also zu denjenigen gehört, die das Spiel nicht auf einer Sony-Konsole spielen, verpasst ihr absolut gar nichts. Weder ist der DLC wichtig für die Hintergrundgeschichte von Aveline, noch fügt er der Gesamtstory des Hauptspiels irgendwelche Facetten hinzu. Als kostenlose Dreingabe geht das wohl in Ordnung, aber qualitativ gibt es noch enorm Luft nach oben.